AllgemeinMuseum Barberini Potsdam „Sonne. Die Quelle des Lichts in der Kunst“

Museum Barberini Potsdam „Sonne. Die Quelle des Lichts in der Kunst“

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ie Sonne wird in Potsdam zum Mittelpunkt einer ganzen Ausstellung! Auf allen Kontinenten der Erde wurde die Sonne angebetet, ob in Lateinamerika, bei den Mayas und Azteken, wo ihr zu Ehren Bauwerke, wie die Sonnenpyramide in Teotihuacán errichtet wurden oder auch in Ägypten. Die Pyramidenform symbolisierte die Sonnenstrahlen. Die Sonne war eng mit dem Leben verknüpft, sie galt als Zeichen der Hoffnung. Ägyptens Pyramiden wurden nach der Sonne ausgerichtet und konnten, wie eine überdimensionale Sonnenuhr nicht nur die Zeit mitteilen sondern das Sonnenjahr definieren und die Sommersonnenwende anzeigen. Osiris, der Gott der Unterwelt, eng verbunden mit dem Jenseits, wird auf unzähligen Inschriften im Zusammenhang mit der untergehenden Sonne dargestellt. Die Sonne "starb" jeden Abend, die Seelen der Pharaonen jedoch sollten sich mit der untergehenden Sonne verbinden, bevor die Sonne morgens wieder aufging, ein Symbol des ewigen Lebens. Die Liste könnte mühelos fortgesetzt werden - bekannte und weniger bekannte Beispiele für Bauwerke und Sonnendarstellungen gibt es in allen Kulturen zuhauf. Daher hat sich das Museum Barberini entschieden, sich ausschließlich auf die Einflüsse der Sonne in der Kunst Europas zu beschränken.

Eine kleine Sensation und das Highlight der Ausstellung

Normalerweise hängt das Bild in Paris, wird selten bis gar nicht verliehen und ist das Werk, das abertausende Besucher weltweit ins Musée Marmottan Monet pilgern läßt.

Claude Monet "Impression, Sonnenaufgang" - das Bild feierte im letzten Jahr seinen 150. Geburtstag, entstanden ist es 1872 in Le Havre (zu diesem Zeitpunkt befand sich dort der zweitgrößte Hafen Frankreichs) Umfangreiche Recherchen des Museums Marmottan zum Bild ergaben, daß es von Monet in seinem Hotelzimmer gemalt wurde, im 2. Stock des "Hotel de l'Amirauté". Das Bild ist im November 1872 gegen 8 Uhr morgens entstanden. © Kischreport
„Sonne. Quelle des Lichts in der Kunst“ (25. Februar 2023 – 11. Juni 2023)

Wer aktuell auf die Webseite des Museums Marmottan sieht, findet dort eine Entschuldigung, daß man das Schüsselwerk Monets, das einer gesamten Kunstrichtung ihren Namen gab, acht Wochen lang nicht im Original sehen kann – es sei verliehen. An wen? Es befindet sich derzeit im Museum Barberini, dem Museum, in dem außerhalb von Paris die meisten Werke Monets zu finden sind, es befindet sich demnach in „bester Gesellschaft“. Nach den 8 Wochen geht es zurück an seinen angestammten Platz in Paris. Der Titel? „Impression. Sonnenaufgang“. Es bildet das Kernstück der Ausstellung „Sonne. Quelle des Lichts in der Kunst“.

Das Besondere an diesem Bild? Es war 1874 Teil einer Ausstellung, an der neben Monet auch Künstler wie Degas oder Renoir teilnahmen, hauptsächlich mit Werken, die zuvor vom Salon de Paris* abgelehnt wurden. Da Monet für den Katalog einen Titel angeben mußte und aufgrund der skizzenhaften Darstellung das Ganze nicht „Ansicht von Le Havre“ nennen wollte, gab er ihm den Titel: „Sonne. Impression“. Das Werk löste damals einen Skandal aus. Es war das erste Werk, das in dieser Art und Weise eine Stimmung einfing. Es wurde verlacht und verrissen. Böswillig wurde von Kritikern behauptet, man könne gar nicht erkennen, was abgebildet wäre. Der Kritiker Louis Leroy schrieb sogar, daß die Tapeten besser erkennbarere Muster zeigten als dieses Bild. Sein Artikel trug die Überschrift „Ausstellung der Impressionisten“ und war zunächst abwertend gemeint. Nachfolgende Künstler nahmen diese Bildbezeichnung jedoch weiterhin für ihre Werke in Anspruch, so daß der zunächst willkürlich gewählte Titel des Monet-Bildes letztlich die Werke einer ganzen Kunstströmung betitelte. „Impression“ als Darstellung eines Augenblicks.

*Der Salon de Paris war eine regelmäßig stattfindende Kunstausstellung, die von König Ludwig IVX. initiiert wurde, um seinen Geschmack bzw. den höfischen Geschmack der damaligen Zeit zu präsentieren. Sowohl für Künstler bzw. Händler als auch für das Publikum war diese Ausstellung ein Magnet, allerdings gab es dort wenig Verständnis für neue Kunstströmungen, schon gar nicht für die Werke der Impressionisten.

 

Infolge des damaligen Verisses kamen immer weniger Besucher zu der Ausstellung, so daß sie sogar vorzeitig beendet wurde und die Kosten der Ausstellung sich nicht amortisierten. Verkauft wurde das Bild schließlich an Ernest Hoschedé, einen Kunstsammler und kunstbegeisterten Großindustriellen und einen Freund Monets. Der damalige Preis betrug 800 Franc (ca. 3000€), niemand interessierte sich für dieses Werk. 1878 wurde es für nur 210 Franc (ca. 800€) an George de Bellio weiterverkauft. Er war einer der ersten Sammler impressionistischer Malerei. Das Bild wurde erst nach 1940 bekannt, als seine Tochter und deren Mann es nach dem Tod de Bellios dem Musée Marmottan vermachten, in welchem es 1946 zum ersten Mal ausgestellt wurde.**

**Am 27. Oktober 1985 gab es im Musée Marmottan am hellichten Tag einen Überfall, wobei insgesamt 9 Gemälde, darunter auch Monets Sonnenaufgang gestohlen wurden. Nach 5jährigen Ermittlungen gelang es schließlich, das Bild auf Korsika sicherzustellen, wo die Diebe versucht hatten, die Kunstwerke an die japanische Mafia zu verkaufen.

Außer der Leihgabe des Pariser Marmottan Museums befindet sich im Museum Barberini ein Pendant mit einer Abendszene des Hafenmotives von Le Havre, ebenfalls von Monet, das Sie sich in diesem Zusammenhang unbedingt ansehen sollten! Foto oben: Monet, Impression. Sonnenaufgang © Kischreport
Claude Monet Der Hafen von Le Havre am Abend, 1873 Öl auf Leinwand, 60 x 81 cm Sammlung Hasso Plattner © Museum Barberini
Sonnendarstellungen seit der Antike

Neben dem berühmten Werk Monets, das einem ganzen Kunststil seinen Namen gab, wurden vom Museum Barberini ca. 130 Exponate zusammengetragen, die sich allesamt um die Sonne drehen: Manuskripte, Druckgaphik, Fotos und Videos. Über 60 Museen und Privatsammlungen waren an der Ausstellung beteiligt, darunter das Rijksmuseum Amsterdam oder auch der Louvre und die Albertina Wien. Die Ausstellung ist in mehrere Themenschwerpunkte unterteilt, die die lange europäische Tradition der Sonnendarstellungen untermauern.

Detail der Marmorbüste © Kischreport
Marmor-Büste des Sonnengottes Apollon mit Sonnensymbol (1720) © Kischreport
Mythen, biblische Bedeutung und

Bevor sich die Ausstellung der Neuausrichtung der Malerei u.a. durch Monets impressionistisches Bild widmet, beginnt der eigentliche Ausstellungsrundgang in der Antike und den Darstellungen von Helios und später Apollon als Sonnengott in Menschgestalt. Zahlreiche Mythologien rankten sich um die Sonne. Die Fahrt im Sonnenwagen galt als Symbol des Triumphes. Im Verlauf der Geschichte wurden daher Herrscher, wie beispielsweise Ludwig XIV (der Sonnenkönig) durch diese heroischen Darstellungen animiert, sich ebenfalls gottgleich in diesem Sonnenglanz zu zeigen und die Strahlkraft der Sonne als Symbol ihrer Macht zu nutzen, um dadurch Stärke zu demonstrieren.

Florentinische Arbeit um ca. 1464/65 "Sol" aus der Serie "Die Planeten", Albertina Wien © Kischreport
Alexander der Große mit Strahlenkranz des Sonnengottes Helios, 2. Hälfte 3. Jahrhundert v.u.Z., Privatsammlung © Kischreport
Napoleon I. in einer Sonnengloriole, der Lorbeerkranz steht nicht nur für Apollon sondern auch für die Kaiserwürde, die der Herrscher seit 1804 hatte (Arbeit: Laurent Dabos (1761-1835) nach Anne-Louis Girodet-Trioson (1767-1824) © Kischreport

Es finden sich Bezüge zu Ikarus, der der Sonne zu nah kam oder zu Phaeton, dessen Übermut, den Lauf der Sonne störte und der schließlich nur durch Zeus gestoppt werden konnte und mit dem Leben dafür bezahlen mußte. Die Lichtsymbolik findet sich bei Christusdarstellungen und selten auch bei der Kreuzigung durch die Darstellung einer Sonnenfinsternis. Immer steht die Sonne in den gezeigten Werken in unmittelbarem Zusammenhang mit der Bedeutung.

Die Erschaffung von Sonne, Mond und Sternen, Johann Sadeler (1550-1600) nach Maarten de Vos (1547-1604), letztes Drittel des 16. Jahrhunderts, Kupferstichkabinett Dresden © Kischreport
Darstellung der Kreuzigung (1450-1460) aus dem Museo Nacional Thyssen-Bornemisza, Madrid: Die Sonne wird wie im Lukasevangelium beschrieben als Reaktion auf die Kreuzigung als dunkelgoldende Sonne dargestellt© Kischreport
Totale Sonnenfinsternis am 7. August 1869, beobachtet in Burlington und Ottumwa, schon früh nutzten Astronomen die Photographie in Verbindung mit Teleskopen zur Sonnenbeobachtung © Kischreport
Sonne, Kosmos, Astronomie & Esoterik
Himmelsatlas in Andreas Cellarius (ca. 15-96-1665) "Die Harmonie des Kosmos oder allgemeiner und neuer Atlas" © Kischreport
Sonnendarstellungen aus Tarot Kartenspielen: die Sonne steht für Weisheit und Wahrheit, Energie und Lebensfreude; die Karten stammen aus verschiedenen Kartenspielen entstanden zwischen 1723 und 1850 © Kischreport

Bis zu Monets bahnbrechender Sonnendarstellung erfüllte die Sonne immer einen Zweck: sie zeigte personifizierte Götter oder Herrscher, verdeutlichte Schicksale oder antike Mythen, zeigte christliche Darstellungen oder ihr wurde von antiken Hochkulturen geheimnisvolle Macht zugeschrieben. Durch Teleskope wurde die Sonne beobachtet, die Sonnenfinsternis galt als böses Omen…Erst durch die Landschaftsmalerei des 17. Jahrhunderts wurde die Sonne zu einem reinen Bildelement und später dann zu einem Stilmittel, um eine Stimmung zu vermitteln. Neben Monets impressionistischer Malerei finden sich in der Ausstellung expressionistische und abstrakte Darstellungen der Sonne – die Werke versprechen glänzende Aussichten! – Planen Sie unbedingt einen Museumsbesuch!

Caspar David Friedrich: Ostermorgen (1828-1835)
Max Ernst: Grätenwald (1926), Kunstmuseum Bonn / In der Ausstellung hängt das Bild neben dem Gemälde "Ostermorgen" von Caspar David Friedrich, so unterschiedlich die Bilder sind, Max Ernst war ein großer Bewunderer der Bilder Caspar David Friedrichs. Bei Caspar David Friedrich steht die Sonne für Hoffnung (Ostermorgen-die Auferstehtung Christi, der Wald lenkt den Blick auf die hochstehende Sonne), während bei Max Ernst der Wald undurchdringlich erscheint. Das Motiv des Grätenwaldes malte Max Ernst zwischen 1924 und 1927 in über 100 Varianten. © Kischreport
Darstellung intensiver Strahlkraft der Sonne durch die Macht der Farben
Blick in den Ausstellungssaal, im Vordergrund Mirós Sonnendarstellung als dunkelrotes Glühen ohne Sonnenstrahlen © Kischreport
Richard Pousette-Dart (1916-1992): der Farbauftrag und die kristaline Struktur innerhalbalb des Lichtrings sowie die Strahlen außerhalb des Lichtrings symbolisieren die Energie der Sonne © Kischreport
Gérard Fromanger (1939-2021): Die Sonne überflutet meine Leinwand © Kischreport

Wo? Museum Barberini, Potsdam (Alter Markt, Humboldtstraße 5-6)

Öffnungszeiten? täglich ausser Dienstags, 10-19 Uhr

Öffentliche Führungen? In der Woche (außer Di) tgl um 11 Uhr und um 12 Uhr, am Wochenende zusätzlich um 15 Uhr

Jeden So um 10 Uhr: Kunstfrühstück: eine Führung durch die Ausstellung mit anschließendem Frühstück im MuseumsCafé

Titelbild: Digitales Video, Katharina Sieverding, Die Sonne um Mitternacht schauen (RED), SDA/NASA 2011-2014, 186 min, Privatsammlung ©Kischreport