AllgemeinGestickte Gärten in der Sonderausstellung des Pergamonmuseums

Gestickte Gärten in der Sonderausstellung des Pergamonmuseums

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Passend zum Frühlingsanfang haben wir eine ganz besonders blütenreiche Ausstellungsempfehlung: die kleine, feine Sonderausstellung „Gestickte Gärten“. Gezeigt wird eine einzigartige Sammlung an bestickten, osmanischen Textilien aus dem 16.-19. Jahrhundert. Die 25 Objekte stammen aus der Sammlung Borgs in Düsseldorf und umfassen u.a. typische Blütenmotive wie Tulpen und Nelken, die in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts am Hof von Istanbul in Mode waren.

Die Sammlung Borgs in Düsseldorf umfaßt ca. 200 Stücke, die nun erstmals in einer kleinen Auswahl von 25 Stickereien aktuell im Pergamonmuseum zu bewundern sind. Das Ehepaar Borgs reiste 1954 erstmals in die Türkei und entdeckte dort die Vielfalt und Schönheit dieser Handarbeiten. In den folgenden Jahren, in denen das Ehepaar immer wieder dorthin reiste, entstand diese wunderbare Sammlung aus 200 Stücken. In Düsseldorf selbst gibt es leider keine ständige Ausstellung, wo diese Stickarbeiten aus mehreren Jahrhunderten ausgestellt sind, daher sollten Sie sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen.

Teil der Sammlung des Pergamonmuseums sind die leuchtenden Ornamente und Blüten auf der Keramik aus Iznik, dem Herstellungszentrum der feinsten Keramiken in der Blütezeit des Osmanischen Reiches, die Vasen und Teller wurden für eine gehobene Käuferschicht hergestellt und der Handel mit ihnen reichte bis nach Italien, wo diese Luxusgüter vertrieben wurden. © Kischreport
Kunstvolle Bemalung auf Fliesen, die die Wände von Palästen und Moscheen verzierten. Zunächst wurden die Stücke noch einfarbig in blau bemalt, da man sich an chinesischem Porzellan orientierte, später kamen die typischen leuchtenden Farben Türkis, Grün, Violett und schließlich Mitte des 16. Jahrhunderts der leuchtende Rotton hinzu. Erst dann wurde es möglich, die beliebten Gartenblumen in den bis heute typischen Farben herzustellen. © Kischreport

Die Motive der Stickereien folgten dem Modegeschmack der Zeit und waren den Innenräumen der Paläste entlehnt, die über und über mit Fliesen dekoriert waren, die vielfach florale Motive zeigten. Sie waren bald ebenfalls in den Wohnhäusern der Wohlhabenden von Istanbul bis Aleppo zu finden und zeigten Blüten und Früchte, die meist auch eine symbolische Bedeutung hatten. Wandfliesen, Teppiche und Stickereien ähnelten denen, die auch im Topkapi-Palast zu finden waren, dem Sitz der Sultane in Istanbul, der Hauptstadt des Osmanischen Reiches. Die klassischen Motive wurden bis ins 18. Jahrhundert verwendet. Man geht davon aus, daß es die Motive bereits aufgedruckt auf Textilien gab, so daß  sie entsprechend der Vorzeichnung zu Hause bestickt werden konnten.

Serviette, bestickt mit Granatapfel- und Hyazinthenmotiven, Türkei, 2. Hälfte 18. Jahrhundert, © Claus Uhlendorf

Evliya Çelebi, ein Reisender aus dem 17. Jahrhundert, schrieb in seinem Reisebericht von 20 Stickerei-Geschäften, die es in Istanbul zu jener Zeit gab sowie lokalen Werkstätten, in denen 65 Männer die feinsten Stickarbeiten ausführten. Die Arbeiten hatten eine so hohe Qualität, daß man sie anhand dieser außergewöhnlich fein ausgearbeiteten Muster und sauberen Verarbeitung sowie der reichen Dekore diesen Werkstätten zuordnen konnte. Sie führten ihre Arbeiten nach den Entwürfen des NAKKAŞHANE, des Design-Ateliers des Topkapi-Palastes aus. Motive und Techniken der Stickereien wurden über Jahrhunderte weitergegeben und teilweise mit Silber- und Goldfäden (dem sogenannten Silber- und Goldlahn) kunstvoll verziehrt. Die Ausstellung zeigt sowohl die Arbeiten als auch Details und deren Handarbeitstechniken, die zur Herstellung dieser Arbeiten nötig waren.

Abbildung des Malers Abdülcelil Levni aus dem 18. Jahrhundert mit typischer Frauenkleidung der Oberschicht, bestehend aus einer weiten Hose mit einem Gürteltuch, das vorn geknotet wurde und einem langen transparenten Untergewand, durch das man die kunstvollen Stickereien des Gürteltuchs erkennen konnte. Darüber wurde eine Jacke getragen, mit einem Gürtel aus Gold, besetzt mit Edelsteinen © Kischreport
Gürteltuch mit breiter, kunstvoller Stickerei, © Kischreport
Teil der Aussteuer: Handtuch mit reicher Stickerei aus Seide, Silberfäden und Goldlahn, Türkei, 18./19. Jahrhundert, © Claus Uhlendorf
Detail mit reicher Stickerei aus Seide, Silberfäden und Goldlahn, Türkei, 18./19. Jahrhundert, © Claus Uhlendorf
Stickerei mit Rose , © Kischreport
Die Nelke ist ein Symbol für den Frühling und damit für den Neuanfang © Kischreport

Die Blumen der Stickereien im osmanischen Hofstil hatten nicht nur eine dekorative sondern auch eine symbolische Bedeutung.

So war die Tulpe beispielsweise nicht nur eine Lieblingsblume der Osmanen sondern stand auch für den „einen Gott der islamischen Mystik“. Da jede Tulpenzwiebel nur eine Tulpe hervorbringt, wurde diese Eigenschaft der Tulpe mit der Einzigartigkeit der Gottheit gleichgesetzt.

Nicht nur die Sonderausstellung „Blühende Gärten“ sondern auch die Dauerausstellungen mit der weltberühmten Prozessionsstraße, die zum Ischtar-Tor Babylons führt oder das umwerfend detailreich ausgeführte Aleppo-Zimmer, die Teppichsammlung oder die vielen Keramiken, Gold- und Silber-Meisterwerke der Handwerker in Sammlung des Museums für islamische Kunst sind unbedingt einen Besuch wert, für den Sie genügend Zeit einplanen sollten!

Fotos oben und rechts: Ischtar-Tor mit Prozessionsstraße von Babylon, © Kischreport
© Kischreport
Aleppo-Zimmer, © Kischreport
Ausstellungssaal der Teppichausstellung, © Kischreport
Markttor von Milet, © Kischreport

Wo?

Museum für Islamische Kunst im Pergamonmuseum, Bodestraße 1-3, 10178 Berlin

 

Infos?

https://www.smb.museum/museen-einrichtungen/museum-fuer-islamische-kunst/ausstellungen/aktuell/

 

Titelbild: Handtuch, bestickt mit Darstellungen von Häusern und Gärten, Türkei, Ende 18. Jahrhundert, © Claus Uhlendorf